Snøhetta: Interventionen mit Perspektiven

17. Januar 2022
Standort – Aktuelle Nachrichten der Standortagentur Tirol 02/

Für viele Innsbruckerinnen und Innsbrucker ist sie Teil ihrer Kindheit und Jugend, auch Patrick Lüth war mit Ski und Snowboard regelmäßig auf der Seegrube. Für den Perspektivenweg, der sich seit Herbst 2018 von der Bergstation zuerst runter und dann wieder rauf schlängelt, war Lüth, inzwischen Geschäftsführer des Innsbrucker Studios des international tätigen Architekturbüros Snøhetta, dennoch wieder mehrmals auf der „Gruabn“, galt es doch, jene Plätze zu finden, „die das Potenzial haben, mit einer architektonischen Intervention betont zu werden.“

Ursprünglich, erzählt Lüth, hätte der Auftraggeber Innsbrucker Nordkettenbahnen eigentlich „etwas Spektakuläres“ für den Outdoorbereich im Sinne gehabt, dass „wir gesagt haben: ‚Wir machen stattdessen etwas Kleines und Subtiles.‘ ist bei uns im Team langsam gereift“, erinnert sich Lüth. Das sei nicht einfach gewesen, ebenso nicht, den Auftraggeber davon zu überzeugen. Dass es gelungen ist, manifestiert sich nun in zehn Stationen – Bänke, Stehpulte, Plattformen und Rampen in einer Kombination aus Corten-Stahl und Lärchenholz –, die der Snøhetta-Philosophie entsprechen.

„Bauen und Architektur in sensiblen Landschaften ist prinzipiell problematisch. Meistens ist es auch so, dass wir es eigentlich gar nicht wollen“, hält Lüth fest. Wenn man es aber zulassen will, dass Menschen solche Landschaften benutzen, so Lüth, „ist es vielleicht besser, wenn wir dieses Benutzen fokussieren und inszenieren, wenn wir spezifische Strukturen schaffen, welche die Auseinandersetzung mit dieser Landschaft bereichern.“ Diese Strukturen gestaltete das Snøhetta-Team als Verweilplätze, von denen aus Besonderheiten der Topografie in Ruhe betrachtet werden können. Diese intensive Auseinandersetzung mit dem Kontext (Lüth: „Kontext ist alles. Der Ort, wo Architektur entsteht, seine Besonderheiten, die Geschichte des Auftraggebers, die Umgebung etc.“) kennzeichnet Snøhetta, ebenso wie das konzeptionelle Arbeiten: „Das in der Gruppe erarbeitete Konzept ersetzt sozusagen die Skizze des Meisters.“

In diesem Konzept fand sich auch Platz für Ludwig Wittgenstein. Ein umfangreiches Konvolut seiner Briefe befindet sich im Innsbrucker Brenner Archiv, die Erforschung seines Schaffens nimmt dort einen zentralen Platz ein. Wittgenstein-Experte Allan Janik konnte gewonnen werden, die zehn Stationen mit Gedanken Wittgensteins über Wahrnehmung und Sprache zu versehen. So heißt es etwa an einer Stelle: „Die Gedanken steigen, langsam, wie Blasen an die Oberfläche.“

Trotz, oder gerade wegen seiner Schlichtheit strahlt der Perspektivenweg weit über die Nordkette hinaus. Die Arbeit des Innsbrucker Studios wurde mehrfach ausgezeichnet, auf Instagram erzielte das Projekt 2018/19 die drittmeisten Likes auf dem Kanal von Snøhetta, der über eine halbe Million Follower zählt – nach dem norwegischen Unterwasserrestaurant Under und dem Shanghai Grand Opera House. Mehr Informationen auf www.snohetta.com